Patrick Süskind - Das Parfum

Eine Schullektüre, die jeder mal gelesen haben sollte

Es gibt einige Bücher, die als einzigartig bezeichnet werden können. Sie können gut oder schlecht sein, aber Ihre Autoren scheren aus den getretenen Pfaden der erzählerischen Themen und Strukturen aus, um völlig neue Perspektiven zu erforschen, sodass ihre Werke einzigartig werden. Das Parfüm von Patrick Süskind ist ein solches Buch.

Jean Baptiste Grenouille ist eine abscheuliche und begabte Persönlichkeit, in einer Zeit, in der es an abscheulichen und begabten Persönlichkeiten nicht mangelte. Geboren im stinkenden Herzen der Stadt Paris des 18. Jahrhunderts unter einem Schlachttisch. Der erste Schrei, den er von sich gibt, schickt seine Mutter aufs Schafott. Grenouille wächst auf, während er viele Ammen aussaugt, überlebt die schreckliche Kindheit eines Weisen in einer Zeit ohne Gnade und wächst auf, um ein erfolgreicher Parfümeur zu werden. Denn das ist seine einzigartige Gabe: Das Kind, welches inmitten stinkenden Fischabfällen geboren wurde, hat selbst keinerlei Geruch an sich. Er ist mit einer außergewöhnlichen Geruchsfähigkeit gesegnet, welche ihm erlaubt, die verschiedenen Gerüche, mit denen er in Berührung kommt, zu erkennen, zu trennen und zu katalogisieren.

Aber einfache Identifikation ist Jean nicht genug. Er wird von einem unersättlichen Drang angetrieben, jeglichen Geruch zu besitzen, den er für sich selbst behalten will. Er wird Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um ihn seinem Ursprung zu entnehmen, ein Parfüm daraus machen und es bei sich tragen. Es stört ihn nicht, dass das Objekt seiner Begierde, im Prozess der Extraktion dabei zerstört wird — er ist ein Geruchs-Vampir. Und wie ein Vampir ist es der Geruch der Jungfrauen, der ihn wild macht. Letztlich erweist sich Grenouilles Gabe und seine zielstrebige Obsession als die Ursache für … nun, lest selbst.

Der Hauptprotagonist, Jean Baptiste Grennouille, ist ein, für mich, sehr interessanter Charakter. Sein unersättlicher Durst nach Gerüchen macht ihn zu einem wahrhaft erschreckenden „Sammler“. Der seine Leidenschaft nicht auf die normale Art und Weise genießen kann, sondern das Objekt seine Begierde besitzen muss. Die Tatsache, dass ihm ein charakteristischer Eigengeruch fehlt, verstärkt seine vampirische Natur. Auch alle Leute, die seinen Weg kreuzen,  wie auch von ihm profitieren, kommen zu einem grausigen Ende, so wie arme, fehlgeleitete Seelen, die mit dem Teufel einen Pakt schließen.

Mich fasziniert seit jeher das Konzept der negativen Glückseligkeit. Sowohl Gandhi als auch Hitler hätten behaupten können, dass sie ihrem Weg zum Glück folgen, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Beim Lesen dieses Romans wurde mir bewusst, dass der Unterschied in der Haltung liegt. Wenn man es tut, weil man nichts anderes tun kann - wenn man so will, seinem Karma folgt, dann ist es Glückseligkeit. Aber wenn man von einem unersättlichen Bedürfnis getrieben wird, das sich selbst verschlingt, so endet man als Vampir. Und letztlich verbraucht dieser sich selbst.

Süskind hat einen packenden Roman geschrieben, der den Leser ab der ersten Seite in seinen Bann zieht. Allerdings handelt es sich hier nicht einfach um eine Horror-Geschichte oder einen Thriller. Der aufmerksame Leser entdeckt zwischen den Zeilen versteckte Bedeutungen. An Süskinds etwas eigenwilligen und außergewöhnlichen Schreibstil, muss man sich erst gewöhnen, was den Einstieg etwas erschweren könnte, aber nach dieser Eingewöhnungsphase liest es sich ganz gut. Er ist bildlich, detailliert und nutzt viele Metaphern. Im Großen und Ganzen ein gelungenes Werk. Es ist gut geschrieben, und auch wenn es in manchen Passagen etwas langatmig wird, regt es zum Nachdenken an.
Absolut lesenswert!

Das Parfum
  • Autor : Patrick Süskind
  • Erstausgabe : 01.01.1985
  • Verlag : Diogenes
  • ISBN : 9783257069334
  • Flexibler Einband : 336 Seiten
  • Sprache : Deutsch
  • Tags : klassiker, schullektüre, thriller, belletristik, verfilmt, auktorial

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